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Messung des Reduktionsfaktors im Rahmen einer Erdungsmessung

Gemäß DIN EN 50522 ist der Reduktionsfaktor r das Verhältnis des Erdungsstromes IE zur Summe der Nullströme 3I0 in den Leitern des Betriebsstromkreises einer Drehstromleitung, bei entsprechender Entfernung vom Ort des Kurzschlusses und von der Erdungsanlage der Station bzw. sinngemäß auch von einem Umspannwerk. Der Reduktionsfaktor r berechnet sich damit nach folgender Gleichung:

Im Rahmen der Durchführung von Erdungsmessungen von Umspannwerken ist die Kenntnis über die Größe des Reduktionsfaktors r der für die Erdungsmessung genutzten Leitung zum Gegenerder (Freileitung oder Kabel) eine wesentliche Voraussetzung für die korrekte Bestimmung der Erdungsimpedanz ZE des Umspannwerkes. Der Reduktionsfaktor r einer Freileitung oder eines Kabels lässt sich sowohl rechnerisch als auch durch Messung bestimmen.

Für die Berechnung von Reduktionsfaktoren für Freileitungen (rF) und Kabel (rK) werden in den Normen, Vorschriften und in der elektrotechnischen Literatur entsprechende Berechnungsalgorithmen zur Verfügung gestellt.

Messtechnisch lassen sich die Reduktionsfaktoren r von Freileitungen und Kabeln dadurch bestimmen, indem über die drei beidseitig kurzgeschlossenen und geerdeten Phasenleiter der Gegenerderleitung ein Versuchsstrom IV_Rf mit der Frequenz f des Versuchsstromes IV der anschließenden Erdungsmessung zum Gegenerder (z. B. Erdungsanlage eines Umspannwerkes oder Freileitungsmastes) gespeist wird und gleichzeitig der summarische Rückstromfluss ΣIRück über das/die Erdseile der Gegenerderfreileitung oder über die Schirmleiter des Gegenerderkabels gemessen wird.

Die mathematische Auswertung der Strommesswerte liefert anschließend unter Anwendung der allgemein gültigen Gleichung:

den Reduktionsfaktor r der Gegenerderleitung.

Bei der Messung des Rückstromflusses ist darauf zu achten, dass bei aufeinander folgenden Messungen der Ströme in den Erdseilen einer Gegenerderfreileitung oder in den Schirmleitern eines Gegenerderkabels die Rückströme mit zugehöriger Phasenlage erfasst werden, um durch anschließende vektorielle Addition den summarischen Rückstromfluss ΣIRück zu ermitteln.

Darüber hinaus ist bei der Messung des Rückstromflusses in dem/den Erdseil(en) einer Gegenerderfreileitung darauf zu achten, dass die Messung im Bereich der ausgeglichenen Stromverteilung erfolgt, da der durch den Reduktionsfaktor rF berücksichtigte induktive Rückstromfluss in dem/den Erdseil(en) in den dem Umspannwerk nahen Spannfeldern der Gegenerderfreileitung durch etwa gleichgerichtete Stromanteile der Erdseil-Maste-Kettenleiter-Wirkung überlagert wird. Analog gilt dies auch für ein Gegenerder-Umspannwerk. Bereits die normative Definition des Reduktionsfaktors r weist hier indirekt auf diese Problematik hin. Eine Messung des Rückstromflusses frühestens im 15. Spannfeld nach einem Umspannwerk wird hier erfahrungsgemäß als ausreichend weit entfernt angesehen.

Erfolgt die Messung des Rückstromflusses in dem/den Erdseil(en) einer Gegenerderfreileitung hingegen bereits im ersten Spannfeld nach einem Umspannwerk oder auch beispielsweise an den Endpunkten des/der Erdseiles(e) an den Portalen im Umspannwerk, so führt dies nach mathematischer Auswertung der Messung zu einem Wert, der geringer als der tatsächliche Reduktionsfaktors rF der Freileitung ist!

Konkret bedeutet dies für eine Erdungsmessung:

  1. Wenn die als Gegenerderfreileitung genutzte Leitung auch die Freileitung ist, die im Rahmen der Auswertung der Erdungsmessung den ungünstigsten Erdfehler- bzw. Erdungsstrom in das zu beurteilende Umspannwerk speist, dann werden der Versuchserdungsstrom IEV als Produkt von Versuchsstrom IV und gemessenem Reduktionsfaktor rF1 zu niedrig ermittelt und die daraus sich ergebende Erdungsimpedanz ZE des Umspannwerkes mit
  • zu groß berechnet. Die Erdungsspannung UE und die Berührungsspannungen UT im Erdfehlerfall der elektrischen Anlage werden hierbei durch einen „glücklichen Doppelfehler” im Berechnungsablauf richtig berechnet, da der für die Erdungsmessung angewendete zu niedrige Reduktionsfaktor rF1 auch für die Ermittlung des Erdungsstromes IE des ungünstigsten Erdfehlers des Umspannwerkes genutzt wird bzw. durch mathematisches Kürzen in den nachstehenden beiden Gleichungen entfällt. Die Erdungsspannung UE und die Berührungsspannungen UT ergeben sich damit aus folgenden Gleichungen:
  1. Sind hingegen die für die Erdungsmessung genutzte Gegenerderfreileitung und die den ungünstigsten Erdfehler- bzw. Erdungsstrom speisende Freileitung unterschiedliche Leitungen, was in der üblichen Erdungsmesspraxis wegen zur Verfügung stehender Gegenerderfreileitungen keine Seltenheit darstellt, dann wird die Erdungsimpedanz ZE des Umspannwerkes wiederum zu groß berechnet.Darüber hinaus werden nun aber auch die Erdungsspannung UE und die Berührungsspannungen UT im Erdfehlerfall des Umspannwerkes zu groß bestimmt, wenn unterstellt wird, dass  der  Reduktionsfaktor rF2 der fehlerspeisenden, nicht für die Messung zur Verfügung stehenden, Freileitung korrekt berechnet wird.Ungeachtet dessen, dass Betreiber von Umspannwerken (und auch von Kraftwerken) die korrekte Ermittlung der Erdungsimpedanz ZE, der Erdungsspannung UE und der Berührungsspannungen UT für ihre Anlagen erwarten können, wird der Aspekt zu groß ermittelter Werte verständlicher Weise nur solange auf Akzeptanz stoßen, solange daraus keine unnötigen zusätzlichen Erdungsmaßnahmen abgeleitet werden müssen.Nur für den Fall messtechnisch und rechnerisch gleichgroß ermittelter Reduktionsfaktoren rF1 und rF2 wird wiederum nur die Erdungsimpedanz ZE des Umspannwerkes zu groß berechnet, die Spannungen in diesem Fall nicht.

Fazit:
Die Erläuterungen zeigen auf, dass bei der Ermittlung des Reduktionsfaktors r grundsätzlich und insbesondere des Reduktionsfaktors rF einer Freileitung besondere Sorgfalt geboten ist. Zur Erzielung durch die aktuellen Normen gesicherter Erdungsmess- und Berechnungsergebnisse für Erdungsimpedanz ZE, Erdungsspannung UE sowie Berührungsspannungen UT und auch Schrittspannungen US sollten die Reduktionsfaktoren von Gegenerderleitung und fehlerspeisender Leitung entweder mit den umfangreich in den Normen, Vorschriften und der Literatur zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln berechnet oder durch Messung, unter Beachtung der oben stehenden Erläuterungen für die Reduktionsfaktormessung von Freileitungen, ermittelt werden.

verwandte Themen: Erdungsimpedanz eines Erdseil-Maste-Kettenleiters,  Endeneffekt und wirksamer Reduktionsfaktor